Acht
„4:09 Uhr." Mike ließ den noch nicht wirklich wachen Blick von der Nachttischuhr zu Vickis Gesicht wandern. „Du kalkulierst ziemlich knapp."
Vicki war länger in der Dusche geblieben, als sie eigentlich vorgehabt hatte; so lange, bis die aufziehende Morgenröte es ihr unmöglich machte, weiter unter dem prasselnden Wasserstrahl zu verharren. Dann hatte sie, in geborgte Badetücher gehüllt, eine Weile am Fußende von Cellucis Bett gestanden und sich nicht getraut, ihn wachzurütteln, weil sie befürchtete, er könne ... was sehen? Das Blut hatte sich in der Duschwanne zu ihren Füßen gesammelt und war dann gurgelnd im Abfluß verschwunden. Ansonsten war ihr doch nichts anzumerken - oder? Bestimmt nicht.
„Vicki?" Als der Kopf der Freundin hochflog, seufzte Mike ergeben und zog sich im Bett hoch, bis er den Rücken gegen das weiche, bequeme Leder des Kopfteils lehnen konnte. Vicki mochte ihre Ernährung umgestellt haben, ihre Gestik und Mimik waren unverändert geblieben, und gerade jetzt versuchte sie, ihm etwas zu verheimlichen. „Was ist los?"
„Nichts."
Beim Klang ihrer Stimme runzelte Mike leicht die Stirn und legte seine Hand auf die der Freundin. Deren Hand war zu seinem Erstaunen fast warm. „Stimmt alles mit dir, ist alles in Ordnung?"
„Willst du damit fragen, ob ich verletzt bin? Nein, alles in Ordnung." Angefaßt hatte sie niemand - bis auf Henry. „Wir haben wenig Zeit ...", die Sonne wartete direkt hinter den Gipfeln der Berge. „Ich komme lieber gleich zur Sache. Wenn jemand in der Stadt Organe erntet, dann nicht die Mafia. Die Leute, mit denen Henry und ich geredet haben, wußten von nichts. Sie selbst tun es nicht und haben auch nicht gerüchteweise vernommen, daß jemand anderes es tut."
„Du bist sicher, daß sie euch die Wahrheit gesagt haben?"
Vicki hob langsam den Kopf und starrte dem Detective direkt in die Augen. „Ganz sicher."
Sie saß nicht direkt in dem schwachen Lichtkreis, den die Nachttischlampe verbreitete und das Oval ihres Gesichtes lag im Schatten. In diesem Oval blitzten nun ein paar silbrige Funken auf, die aber wieder verschwunden waren, ehe Celluci in ihren Bann geraten konnte.
„Gut, dann bist du dir also sicher." Celluci hätte nicht sagen können, wo bei dieser ganzen Fürst-der-Finsternis-Sache die Grenzen lagen und